21.
Oktober 2010
SONDERKÜNDIGUNGSSCHUTZ
SCHWERBEHINDERTER ARBEITNEHMER
Beitrag verfasst von:Rechtsanwalt Torsten Sonneborn
Menschen sind im
Sinne des neunten Sozialgesetzbuches (kurz: SGB
IX) schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von
wenigstens 50 vorliegt. Schwerbehinderte genießen einen
besonderen Kündigungsschutz gemäß
§§ 85 ff SGB IX, und zwar in der Form, dass ihnen
ordentlich oder außerordentlich lediglich gekündigt
werden darf, wenn das Integrationsdamt vorher zugestimmt hat. Eine ohne
Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
Die Schwerbehinderung muss bei Zugang der Kündigung bereits durch die zuständige Behörde festgestellt worden sein. Es reicht auch aus, wenn der entsprechende Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt wurde (§ 90 Absatz 2a SGB IX). Wenn der Antrag rechtzeitig gestellt wurde, führt dies auch dann zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die Schwerbehinderung erst nach Zugang der Kündigung anerkannt wird. Diese Unwirksamkeitsfolge tritt auch dann ein, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung nichts wusste, sofern der Gekündigte den Arbeitgeber unverzüglich über seinen Behindertenstatus informiert. Nach der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein ist diese Informationspflicht innerhalb einer Frist von drei Wochen zu erfüllen. Ansonsten kann sich der Arbeitnehmer nicht auf den Sonderkündigungsschutz berufen.
Der Fall: Im Unternehmen des Arbeitgebers kam es nach Vereinbarungen eines Punkteschemas zum Abschluss eines Interessenausgleichs mit einer Namensliste für Kündigungen. Auf der Liste stand auch der Name der Klägerin, der bereits früher ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 zuerkannt worden war, was im Betrieb jedoch nicht bekannt und auch nicht offensichtlich war. Noch während der laufenden Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat hatte die Klägerin einen neuen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderte gestellt, wovon der Arbeitgeber ebenfalls nichts wusste. Kenntnis von der Behinderung erhielt der Arbeitgeber erstmalig mit der Kündigungsschutzklage, die zwar noch rechtzeitig bei Gericht einging, aber dem Arbeitgeber erst vier Wochen nach Zugang der Kündigung zugestellt wurde. Kurze Zeit später wurde der Klägerin von der hierfür zuständigen Behörde ein Grad der Behinderung von 50 zugesprochen. Sie hat sich infolgedessen im Kündigungsschutzverfahren auf den besonderen Kündigungsschutz sowie auf daraus resultierenden Fehler bei der Sozialauswahl berufen.
Die Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage für unbegründet erachtet, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber zu spät Mitteilung von der beantragten Schwerbehinderteneigenschaft gemacht habe. Der Arbeitgeber habe erst nach Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erfahren, dass ein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung existiere. Da dies zu spät sei, könne sich die Klägerin nun nicht mehr auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte und damit zusammenhängende Fehler bei der Sozialauswahl berufen.
Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Unter dem Aktenzeichen 2 AZR 463/10 wird beim Bundesarbeitsgericht das Revisionsverfahren geführt.
Wusste der Arbeitgeber nichts von einer
Schwerbehinderteneigenschaft oder einem Neuantrag auf Feststellung
einer Schwerbehinderung, muss ihm der schwerbehinderte Arbeitnehmer
dieses innerhalb von drei Wochen nach Erhalt einer Kündigung
mitteilen. Geschieht dieses nicht, kann er sich nicht auf den
Sonderkündigungsschutz berufen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom
06.07.2010 - 1 Sa 403/09
Die Schwerbehinderung muss bei Zugang der Kündigung bereits durch die zuständige Behörde festgestellt worden sein. Es reicht auch aus, wenn der entsprechende Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt wurde (§ 90 Absatz 2a SGB IX). Wenn der Antrag rechtzeitig gestellt wurde, führt dies auch dann zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die Schwerbehinderung erst nach Zugang der Kündigung anerkannt wird. Diese Unwirksamkeitsfolge tritt auch dann ein, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung nichts wusste, sofern der Gekündigte den Arbeitgeber unverzüglich über seinen Behindertenstatus informiert. Nach der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein ist diese Informationspflicht innerhalb einer Frist von drei Wochen zu erfüllen. Ansonsten kann sich der Arbeitnehmer nicht auf den Sonderkündigungsschutz berufen.
Der Fall: Im Unternehmen des Arbeitgebers kam es nach Vereinbarungen eines Punkteschemas zum Abschluss eines Interessenausgleichs mit einer Namensliste für Kündigungen. Auf der Liste stand auch der Name der Klägerin, der bereits früher ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 zuerkannt worden war, was im Betrieb jedoch nicht bekannt und auch nicht offensichtlich war. Noch während der laufenden Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat hatte die Klägerin einen neuen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderte gestellt, wovon der Arbeitgeber ebenfalls nichts wusste. Kenntnis von der Behinderung erhielt der Arbeitgeber erstmalig mit der Kündigungsschutzklage, die zwar noch rechtzeitig bei Gericht einging, aber dem Arbeitgeber erst vier Wochen nach Zugang der Kündigung zugestellt wurde. Kurze Zeit später wurde der Klägerin von der hierfür zuständigen Behörde ein Grad der Behinderung von 50 zugesprochen. Sie hat sich infolgedessen im Kündigungsschutzverfahren auf den besonderen Kündigungsschutz sowie auf daraus resultierenden Fehler bei der Sozialauswahl berufen.
Die Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage für unbegründet erachtet, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber zu spät Mitteilung von der beantragten Schwerbehinderteneigenschaft gemacht habe. Der Arbeitgeber habe erst nach Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erfahren, dass ein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung existiere. Da dies zu spät sei, könne sich die Klägerin nun nicht mehr auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte und damit zusammenhängende Fehler bei der Sozialauswahl berufen.
Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Unter dem Aktenzeichen 2 AZR 463/10 wird beim Bundesarbeitsgericht das Revisionsverfahren geführt.