17.
September 2010
SACHLICHE
ZUSTÄNDIGKEIT BEI STREIT ÜBER
GASPREISERHÖHUNG
Beitrag verfasst von:
Rechtsanwalt Torsten Sonneborn
Noch ein
Fall aus unserer
gerichtlichen Praxis: Diesmal standen wir einem Lüdenscheider
Bürger hilfreich zur Seite, der sich gegen die aus seiner
Sicht
erhöhten Gaspreise des lokalen Erdgasversorgers zur Wehr
setzte.
In dem zunächst beim Amtsgericht Lüdenscheid
geführten
Rechtsstreit stellten wir uns als Bevollmächtigte des
Beklagten
auf den Standpunkt, dass allein die beim Landgericht Dortmund
eingerichtete Spezialkammer - Kammer für Handelssachen
(Kartellkammer) - zuständig sei. Dem folgte der
Amtsrichter und erklärte sich für
unzuständig. Er
verwies den Rechtsstreit an das sachlich zuständige
Landgericht
Dortmund. Dort wurde inzwischen ein aus Sicht unseres Mandanten
zufriedenstellender Prozessvergleich geschlossen.
Für
bürgerliche
Rechtsstreitigkeiten sind gemäß § 78 Satz 1
und 2 GWB -
unabhängig vom Streitwert - ausschließlich die
Landgerichte
zuständig, wenn diese die Anwendung des GWB betreffen. Dies
gilt
auch wenn der Ausgang des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von einer
Entscheidung abhängt, die nach dem GWB zu treffen ist.
Wendet der Gaskunde - wie im vorliegenden Rechtsstreit - unter Hinweis
auf eine marktbeherrschenden Stellung des Energieversorgers ein, dass
eine Preisbestimmung unbillig sei, dann gibt dies Veranlassung, nicht
nur das Vorliegen der Voraussetzungen des § 315 Absatz 3 BGB
zu
prüfen, sondern auch das Vorliegen der
Missbrauchsvoraussetzungen
nach § 19 Absatz 4 Nr.2 GWB und der Verbotsvoraussetzungen des
neuen § 29 GWB. Durch die zuletzt genannte Vorschrift, die in
der
Rechtsprechung und Literatur noch weitgehend unberücksichtigt
geblieben ist, soll für den Bereich der Energiewirtschaft
Preismissbräuchen durch eine Verschärfung der
Missbrauchstatbestände und die Erleichterungen für
die
Kartellbehörde bei der Wahrnehmung der
Preismissbrauchsaufsicht
effektiver als bislang, mithin effektiver als dies allein § 19
GWB
ermöglicht, begegnet werden.
Amtsgericht
Lüdenscheid, Urteil vom 03.09.2009 - 94
C 22/09
Stichwörter:
Gaskunde, Gaspreis, Billigkeit, unbillige Gaspreiserhöhung,
sachliche Zuständigkeit, marktbeherrschende Stellung.