17.
September 2010
STRAFRECHT:
STRAFBEFREIENDEr RÜCKTRITT VOM VERSUCH
Beitrag verfasst von:
Rechtsanwalt Dirk Löber
Nach
geltendem Strafrecht
werden nicht nur vollendete Taten bestraft. Bei schwereren Straftaten
ist bereits deren Versuch strafbar. Als Versuch wird im Strafrecht das
Deliktsstadium vor der Vollendung bezeichnet. Die Strafbarkeit des
Versuchs entfällt, wenn der Täter von der Tat
freiwillig
zurücktritt. Ein solcher Rücktritt beseitigt das
Handlungsunrecht der Tat, weil der Täter eine vom Gesetz
honorierte
Umkehrleistung vornimmt. Bildlich gesprochen kehrt er auf den Weg "in
die
Legalität" zurück und geht so straffrei aus. Als
Fachanwalt
für Strafrecht vertrete ich relativ häufig Mandanten,
die
für sich in Anspruch nehmen, noch rechtzeitig von dem
versuchten
Verbrechen zurückgetreten zu sein. Aus diesem Grund habe ich
eine
neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu diesem Thema mit
großem Interesse zur Kenntnis genommen. Die wesentlichen
Grundaussagen des Urteils lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Wenn der Versuch
fehlgeschlagen ist, kommt es auf etwaige
Rücktrittsbemühungen
des Täters nicht mehr an. Von einem Fehlschlag des Versuchs in
diesem Sinne ist regelmäßig dann auszugehen, wenn
der
Täter
nach seiner letzten auf den Taterfolg gerichteten
Ausführungshandlung
selbst erkennt, dass der Erfolg nicht eingetreten ist und mit nahe
liegenden
Mitteln nicht mehr verwirklicht werden kann. Für die
strafrechtliche Beurteilung kommt es dabei allein auf die Sicht des
Täters
an.
Der strafbefreiende Rücktritt vom Versuch setzt
nicht voraus,
dass der Täter selbst für die Rettung
des Opfers und damit für den Nichteintritt des Taterfolges
ursächlich oder mitursächlich wurde. Dies gilt - wenn
überhaupt - nur beim beendeten Versuch, also in
Fällen, in
denen der Täter nach dem Abschluss der letzten
Ausführungshandlung aus seiner
Sicht alles getan hat, um den tatbestandlichen
Erfolg herbeizuführen.
Der Rücktritt setzt demgemäß nicht voraus,
dass es
dem Täter gerade darauf angekommen ist, das Opfer um
jeden Preis zu retten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.05.2010 - 2
StR 278/09
Stichwörter:
Strafrecht, Versuch, Rücktritt, Verbrechen, Taterfolg,
Fehlschlag, fehlgeschlagener Versuch, beendeter Versuch.