13.
September 2010
Beitrag verfasst von:
Rechtsanwalt Dirk Löber
Zu dieser Problematik hat sich inzwischen auch das Bundesverfassungsgericht geäußert:
Die
Anordnung der Blutentnahme
steht grundsätzlich dem Richter zu. Die ermittelnden
Beamten
müssen regelmäßig
zunächst versuchen, eine
Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie
selbst
die Anordnung treffen. Nur bei Gefährdung des
Untersuchungserfolgs
durch die mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung
einhergehenden Verzögerung besteht auch eine
Anordnungskompetenz
der Staatsanwaltschaft und ihrer Hilfsbeamten. Die Gefahrenlage muss
sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalls ergeben und
ist
in den Ermittlungsakten zu dokumentieren, sofern die Dringlichkeit
nicht offenkundig ist.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.06.2010 - BvR 1046/08
RICHTERVORBEHALT
BEI BLUTENTNAHME
Beitrag verfasst von:Rechtsanwalt Dirk Löber
Als
Strafverteidiger habe
ich immer wieder Fälle dieser Art zu bearbeiten: Im Rahmen
einer
Verkehrskontrolle unterzieht sich ein alkoholisierter
Verkehrsteilnehmer mehr oder weniger freiwillig einer
Atemalkoholmessung, deren Ergebnis auf eine strafbare Handlung
(Trunkenheit im Verkehr) schließen lässt. Es folgt
eine
Blutentnahme zum Zwecke der genauen Feststellung der
Blutalkoholkonzentration (BAK) ohne die eigentlich vom Gesetz
vorgeschriebene richterliche Anordnung. Die Polizeibeamten berufen sich
darauf, dass wegen des drohenden Beweismittelverlustes "Gefahr in
Verzug" vorgelegen habe. Die Analyse der Blutprobe ergibt eine BAK von
mehr als 1,1 Promille (absolute Fahruntüchtigkeit). Um eine
entsprechende Verurteilung und die Entziehung der
Fahrerlaubnis zu
verhindern, stellt sich aus Sicht der Verteidigung nun die Frage, ob
insoweit ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, weil keine richterliche
Anordnung der Blutentnahme gemäß § 81a
Absatz 2 StPO
stattgefunden hat.
Zu dieser Problematik hat sich inzwischen auch das Bundesverfassungsgericht geäußert:
Die
Anordnung der Blutentnahme
steht grundsätzlich dem Richter zu. Die ermittelnden
Beamten
müssen regelmäßig
zunächst versuchen, eine
Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie
selbst
die Anordnung treffen. Nur bei Gefährdung des
Untersuchungserfolgs
durch die mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung
einhergehenden Verzögerung besteht auch eine
Anordnungskompetenz
der Staatsanwaltschaft und ihrer Hilfsbeamten. Die Gefahrenlage muss
sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalls ergeben und
ist
in den Ermittlungsakten zu dokumentieren, sofern die Dringlichkeit
nicht offenkundig ist.
In Ausnahmefällen kann die Anordnung durch den Richter auch
(fern-) mündlich erfolgen, da im Gegensatz zu einer
Durchsuchung
die nach § 81a StPO zu prüfenden Fragen beim Verdacht
einer
alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit in der Regel weniger
komplex
sind.
Ein Verstoß gegen den in § 81a Absatz 2 StPO
geregelten
Richtervorbehalt gebietet es nicht zwingend, ein
Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des durch die Blutentnahme
gewonnenen Beweismittels anzunehmen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.06.2010 - BvR 1046/08